Relaisschaltungen
Relais sind total geile Dinger, wenn man sie einzusetzen weiss. Das gilt für "olle 6V-Gehhilfen" genauso wie für modernere Fahrzeuge mit 12V Bordspannung. Der Clou dabei: Sie benötigen lediglich einen winzigen Strom, um einen starken und relativ verschleissfesten Kontakt zu schliessen. Relais gibts als Schliesser (Stromkreis geöffnet oder geschlossen) und als Wechsler, wo der Strom zwischen 2 unterschiedlichen Verbrauchern hin u her geschaltet werden kann. Ich hab mir für Bärbel (meine MZ TS 150) alles zunutze gemacht; für die Hupe kam ein schlichtes Schalt-Relais zu Einsatz, bei Rück- u Bremslicht, und nich zuletzt fürn Hauptscheinwerfer kamen Wechsler ins Spiel:
Der erste Wechsler hängt mit 85 u 86 direkt an der 61 u an Masse. Läuft der Motor u die Lima produziert Strom (eben über die 61), zieht das Relais an u das zweite Relais (an der [!!!] 30 hängend) wird mit Strom versorgt. Schalte ich das Zündschloss bei stehendem Motor auf Stellung "3", wird der Scheinwerfer über Klemme 87a am ersten Wechsler zwangsweise mit Strom versorgt - Licht leuchtet.
Übersicht
Relais 1
"Tagfahrschaltung"
30 - zu Relais 2 (oder Lichtschalter)
85 - an Klemme 61 am Zündschloss
86 - Massepunkt im Lampengehäuse
87 - 15/54 am Zündschloss
87a - 56 am Zündschloss
Relais 2
"Auf-/Abblendlicht"
30 - Spannung, von Relais 1 kommend
85 - zur 56a im Lichtschalter
86 - Massepunkt im Lampengehäuse
87 - 56 (Aufblendlicht) an der Birnenfassung
87a - 56 (Abblendlicht) an der Birnenfassung
WICHTIG: Mit diesen Schaltungen funktioniert die Lichthupe bei stehendem Motor nicht mehr!
Relais 3a
"Bremslichtschaltung"
30 - Massepunkt, irgendwo bei der Reglerbefestigung
85 - Ausgang Plus-Sicherung
86 - Kabel vom Bremslichtschalter kommend
87 - Masse Bremslicht
87a - [frei]
Relais 3b
"Bremslichtschaltung ála Mutschy"
30 - Massepunkt, direkt bei der Reglerbefestigung
85 - Ausgang Plus-Sicherung
86 - Kabel vom Bremslichtschalter kommend
87 - Masse Bremslicht
87a - Masse Rücklicht (weiteres Kabel erforderlich)
(Hier wird das Rücklicht für die Zeit, die das Bremslicht leuchtet, ausgeschaltet. Ich wills aus Stromspargründen nämlich so geschaltet haben, dass beim Bremsen das Rücklicht deaktiviert wird u beim Erlöschen des Bremslichts wiederkommt.)
ACHTUNG: Nicht für Simson mit 12V-Bordnetz geeignet, da dort ein funktionierendes Rücklicht erforderlich is. Sonst läuft die Spannung aufgrund fehlenden Reglers unkontrolliert hoch u das Leuchtmittel im Frontscheinwerfer wird infolge Überspannung zerstört!
Relais 4
"Hupenrelais"
30 - Massepunkt im Scheinwerfer
85 - Minuskabel zum Hupentaster am Lenker
86 - zur 15/54 am Zündschloss
87 - Minuskabel zur Hupe
87a - [frei]
Auf jeden Fall empfehlenswert für Simson und MZ mit 6V-Bordnetz sind Relaisschaltungen fürs Bremslicht, denn der Masseschalter is alles andere als zuverlässig. Wird jedoch mittels Relais die Masse von nem guten Massepunkt aus geschaltet, leuchtet das Bremslicht um Welten heller. Das Relaius braucht nur einen vergleichsweise schelchten Massekontakt, um zu arbeiten. Da die Bremse eh alle 5...10 tkm gereinigt werden sollte, reichts, parallel dazu am ausgebauten Bremsanker mal kurz über die Kontakte zu putzen.
12V-Relais auf 6V bringen
Da 6V-Relais nur schwer zu beschaffen u verhältnismässig teuer sind, nehmen wir welche ausm Kfz-Zubehör für nen schmalen Taler. Im "grossen bunten Kaufhaus" gibts die im 5er Pack zu knapp 10€. Nun gehts ans Eingemachte, denn wir wollens ja auf 6V umstricken. Dazu betrachten wir das Relais u biegen die Sicherungsnasen mitm schmalen Schraubenzieher sachte auf, um an den Inhalt zu kommen. Sind Gehäuse u Schalteinheit getrennt, betrachten wir das Relais u suchen die Rückzugfeder (Zugfeder, ca 2...3 mm dick u ~11 mm lang). Diese wird vorsichtig auf einer Seite ausgehangen, kurz auf ~30...40 mm gedehnt u wieder eingehangen. Am Besten dazu mitm 2mm-Schraubenzieher oder ner gut packenden kleinen Zange arbeiten. Probehalber mittels Hilfsleitungen an Fahrzeugbatterie o.ä. Stromspender mit der Wunsch-Spannung anschliessen: 85 u 86 mit Plus u Minus verbinden. Was wo angeklemmt wird, is technisch absolut Bockwurst. Das folgende Knacken muss deutlich zu hören u beim "in-der-Hand-halten" zu spüren sein. Falls nich, Feder nochmals aushängen und etwas weiter dehnen. Tipp dazu von mir: Relaisfedern aus DDR-Produktion müssen auf 40...50 mm gedehnt werden, da sie ungleich straffer sind als ihre Kollegen aus Fernost.
Einbau
Zum Einbau sucht man sich ein stilles Plätzchen, wo das Relais nicht stört, aber trotzdem mehr oder weniger vibrationsfrei aufgehangen is. Du kannst mit dem Wissen aus folgenden Sätzen so ziemlich alles anstellen:
- Schaltkontakte sind die Klemmen 85 u 86, d.h. zwischen den beiden muss ein Strom fliessen können, Flussrichtung egal.
- zu schaltender Strom kommt von der 30 u geht in Ruhestellung zur 87a (so vorhanden) u sobald Strom zwischen 85 u 86 fliesst, zieht das Relais an u ein weitaus grösserer Strom kann von der 30 zur 87 (zum Verbraucher) fliessen.
- Die Arbeitskontakte im Relais sind sehr robust und können auf Dauer mit 30...40A so einiges ab.
Nachtrag (Oktober 2022):
Natürlich gibts auch hier das eine oder andere Problemchen. Kürzlich wurde ich angeschrieben, weil jemand ein Relais für die Tagfahrschaltung (das hier) verbaut hatte, das Licht jedoch ab 3.500...4.000 Umdrehungen deutlich dunkler wurde. Ursache war hier die Anbringung bzw mangelhafte Sicherung des Relais gegen Vibrationen. Das Relais wurde gedämpft - Problem behoben.